Donnerstag, 23. Februar 2012

† JUSTICE †

Authentizität. Das ist das was diesen  Blog ausmachen soll.
Im Folgenden werde ich diesen unvergesslichen Abend in 4 Teile teilen. Zu viele Gedanken und Gefühle. Nur alles lesen oder gar nichts, ansonsten kriegt man kein Gefühl dafür.
Ich sitze gerade hier in meinen verschwitzten Sachen. Ja ich sollte duschen. Gleich.

Erinnerung an mich:


2008. Abends. Draußen ist es schon ziemlich kalt. Menschen packen schon ihre Wintersachen raus. Die ersten planen ihren Weihnachtsurlaub. Berlin wird langsamer, träger, dunkler. Anruf. Es ist 20 Uhr.
"JUSTICE! HEUT ABEND! MARIA! ICH HAB NOCH EINE KARTE! KOMM SOFORT!"
Wer war ich? Ein 15-jähriger, der höchstens Mal mit Freunden ins Tacheles ging und ansonsten, nunja, eher zu den Strebern gehörte. Keiner von uns war damals wirklich auf Feiern aus, doch ich sollte noch sehen, dass das kein Dauerzustand bleiben sollte. Justice? Nun 2 junge gutaussehende Dj´s die gerade dabei waren mit ihrem Label Ed Banger Records voll durchzustarten in Europa. Ich bewunderte sie für ihre Musik. Die erste elektronische Tanzmusik, die mich in ihren Bann schloss! Maria? Nun, ein Club ab 21, damals noch harte Tür, am Ostbahnhof. Wahrscheinlichkeit reinzukommen? Tendierend gegen 0...Sollte ich losfahren? Mal endlich aus diesem ständigen Tageszyklus ausbrechen? Ich hatte keine Ahnung was die Clubwelt zu bieten hatte. Ich sage Mama Tschüss und verspreche um 0 Uhr wieder da zu sein. Ich hatte wirklich keine Ahnung... Fahre hin. Erstaunlich viele Leute davor. Ich suchte meine Freunde. Sah sie. Betretene Gesichter. Sie hatten es bereits probiert und wurden trotz dem Besitz einer Karte nicht reingelassen. Ich wollte eigentlich wieder losfahren. Die Freundin sagt, wir sollten es nochmal probieren. Ich sehe die Türsteher, hab Angst aufs Maul zu bekommen. Wir stehen vor ihnen. Ein prüfender Blick streift mich und die Freundin von oben bis unten. "Rein mit euch!" Halte das für einen schlechten Scherz. Schon werde ich grober als nötig hineingeschoben. Blick zurück zu den verdutzten Gesichtern meiner Freunde. Ich schaue auf den Timetable. Justice von 02:00-04:30. Meine Mutter ruft tausendmal an. Handy hab ich aus gemacht. Ich tauche ein. Ich höre die Musik. Ich tanze. Ich genieße. Ich lerne Leute kennen. Komplett Fremde werden mir zu Freunden. Was? Drogen? Alkohol? Nein. Nur die Musik.

"BECAUSE WE ARE, YOUR FRIENDS, YOU´LL NEVER BE ALONE AGAIN, SO COME ON!"


Vor Justice:


4 Jahre später. Ich wache auf. Justice. Justice. Justice. Eine vor Ewigkeiten erstellte Playlist, spiel ich ab. Sitze in der Bahn. Die Vorfreude ähnelt einem Stein der ins Wasser fällt und kleine Wellen ausschlägt. Wellen der Glückseligkeit durchlaufen meinen Körper. Ich hole mehrere Male die Karte raus. Die mit den roten Locken, wird warten. U Hallesches Tor. Sie steht da. Ich freu mich auf sie. Eben weil sie mal ein sehr wichtiger Teil meines Lebens war, freu ich mich besonders auf sie. Ich lass es sie nur nicht spüren. Wieso keine Freundschaft? Tiefsinnige Gedanken werden verdrängt. JUSTICE! Wir laufen. Ich sehe wenig Menschen. Ich dachte es wäre ausverkauft. Biegen um die Ecke. Eine einzige Masse aus Leibern. Viele mit dem berühmten Kreuz auf der Brust. Der Stein der Vorfreude wird unermäßlich. Jede Verzögerung empfinde ich als störend. Garderobe. Endlich die Schlange bewältigt. Ich nehm sie an der Hand. Stürzen uns in die Menge. Auch die liebe Blonde ist dabei. Ewig nicht mehr gesehen die Blonde. Rot und Blond haben beide ihre Lederjacken an. Ich sage mehrmals sie sollen sie ausziehen. Nein, nein. Frauen und ihre Bockigkeit. Ich hab sie trotzdem beide sehr gern. Wir drängen in die Mitte. DVNO, Dj´s benannt nach dem berühmten Track von Justice, spielen entspannte Musik. Steigern es. Spielen Boys Noize. Es wird härter. Mein Blick wandert umher. Findet Freunde. Freunde die man lange nicht mehr sah. Unglaublich. Justice Konzert, die Zusammenführung von alten verstaubten Freundschaften. Ein Nicken reicht um den ganzen Staub wegzupusten. Wir drängen uns weiter nach vorne. Genesis ertönt.


Während Justice:


GENESIS! ICH SCHREIE! SCHREIE! SCHREIE! "JUUUUUUUUUUSTIIIIIIIIIIIIIICE!!!!!"
Die beiden kommen auf die Bühne, die Menge ist am Ausrasten. Ich schaue mich weiter um. Erblicke eine andere Blonde. Sie steht oben in der Columbiahalle. Genau wie ich. Nur dass ich in der ersten Reihe stehe genau vor dem Justice Kreuz was nun hell erleuchtet. Das Pogen beginnt, es ist glasklar. Zu viele Menschen. Menschenleiber, die sich aneinander drücken und man wird eins. Die ersten fallen um. Security reagiert schnell. Genesis erreicht seinen Höhepunkt. Ohrenbetäubend. Ich wehre mich mit aller Kraft. Unnütz. Alles was an mir schwitzen kann schwitzt. Jedem geht es so. Alle Menschen unter 1,70 haben verloren. Sie klammern sich an andere. Kriegen keine Luft mehr. Man hilft sich gegenseitig mit der einen Hand, während mit der anderen weiter in die Luft der Takt geschlagen wird. Man schreit "JUSTICE!" und fragt 1 Sekunde später den Menschen neben sich, ob denn alles okay sei. Ich halte für eine Sekunde inne. Ich würde mir wünschen, dass alle da wären, alle meine nahen Freunde. Daniel, Max, Steffen, Ulf, David, alles Menschen die mir sehr nahe stehen, aber es nicht mehr hingekriegt haben eine Karte zu kriegen. Der nächste Schrei gilt ihnen. Die mit den roten Haaren steht vor mir. Rastet aus. Klar. Bevor ich es vergesse. Ich springe mit meinen 1,93 in der ersten Reihe und schreie. Schreie vor....vor was eigentlich? Glückseligkeit, erfüllte Erwartungen, Freude an den elektronischen Klängen. Ich versinke in Trance. Werde an die Metallgitter gepresst. 2 Stunden voller flackerndem Stroboskoplicht, einem riesigen beleuchteten Kreuz, ein Leib aus Menschen, Schweiß der sie verbindet, Menschen die rausgetragen werden. Ich versuche die Rothaarige zu schützen, so wie auf allen Konzerten davor. Blick in die Runde. Immer wieder versuche ich mit meinem Handy aufzunehmen. Alles verwackelt. Ich schaue mir die Bilder und Videos morgen an. Mein Kopf ist leer. Tätowiert auf mein Gehirn, die Klänge von Justice.


Nach Justice:


Die Musik wird leiser, Energie? Nein. Habe das Gefühl zu dehydrieren. Alles schwitzt, Jeder schwitzt, Handy hat die Wasserattacke meines Körpers überlebt. Kopf hochrot. Die Locken hängen mir triefend ins Gesicht. Ich sehe sie vor mir. Ihr gehts nicht anders. Wieder an die Garderobe. Kein langes Warten. Wir drängeln uns vor. Treffen mit den alten Freunden abmachen. Will nur noch raus. Mir wird schwarz vor Augen. Die Security wollte mich bereits ein paar Mal aus der Menge nehmen, sie erlauben nicht allzu viel Ausrasten in der 1. Reihe. Auch wenn es ein langes wieder und wieder von Drücken, Quetschen, Drohen zu fallen war, bin ich glücklich. Es war lange her, dass ich so glücklich war. Der Schmerz macht sich bemerkbar. Kein Körperteil blieb verschont. Blaue Flecken AHOI! Nehme die Rothaarige in den Arm. Laufen zur U-Bahn. Volvic Apfel. 1,5 Liter. Ich trinke einen Liter und spüre den Schmerz im Magen. Zu kalt. Meine Bahn kommt in wenigen Minuten. Man verabschiedet sich und weiß, dass die Freundschaft funktionieren wird. Sie muss. Man erfreut sich halt an der Gesellschaft des anderen. Taub. Blind. All dies komm ich mir vor als ich alleine in der U- Bahn sitze. Ich schaue mit leeren Blick in die Gegend. Menschen mustern mich eigenartig. Niemand setzt sich zu mir, ich werde beobachtet. Ich wirke bestimmt als wäre ich einfach eine Hülle. Das bin ich. Ich gab alles hin. Bei Justice, für Justice. 4 Jahre hab ich dieses Gefühl aufgespart. Höre meine Station. "Muss es denn jetzt regnen?". Ja, ich rede ab und zu gerne mit mir selbst. Ob ich das laut ausgesprochen hab? Keine Ahnung. Schließe die Haustür auf. Setze mich hin. Bin noch komplett verschwitzt. Jetzt spüre ich den Schmerz. Aber einen guten. Ich verstehe nun wieso ich so angeblickt wurde. Ich grinse. Ich muss nun seit mehr als einer Dreiviertelstunde gegrinst haben. Ich sitze hier und während ich mir die Finger wund tippe, grinse ich immernoch. Die Zeile hängt im Kopf fest.


"BECAUSE WE ARE, YOUR FRIENDS, YOU´LL NEVER BE ALONE AGAIN, SO COME ON!"






P.S.: Hier nochmal der ausdrückliche Dank an Marie Stiefvatter (ich liiiiiiebe diesen Nachnamen) für dieses wunderbare Geburtstagsgeschenk. Auch wenn du nicht dabei warst, so hab ich die ganze Zeit an dich gedacht. Ohne dich gäbe es keine Vorfreude, kein Justice, kein Grinsen, keinen Eintrag. Ich danke dir für alles.

10 Kommentare:

  1. wow, wirklich grandios geschrieben!

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  2. als wär man dabei gewesen. echt gut

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  3. SCHEISSE IVAN ICH LIEBE DEINE TEXTE! Habs dir ja schon mal in Facebook mitgeteilt, aber hey, ich bin jedes Mal aufs Neue überrascht, wie ein Mensch solch großartigen Gefühle rüberbringen kann. Ich fass es manchmal gar nicht richtig!

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  4. Das ist so perfekt geschrieben, du solltest was mit deinem Talent machen. Deine Art zu schreiben rührt mich zu Tränen haha klingt scheisse, aber ist wahr. du bringst deine Gefühle so gut rüber das ist .. ergreifend, ehrlich, ich weiß nicht, wie ich es anders sagen könnte

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  5. und ich versuche seit ewigkeiten anderen den 'konzertrausch' zu beschreiben, doch sie checkenn es nicht, ich habs wohl einfach nicht drauf, dem nächsten der fragt zeige ich einfach deinen text! perfekt! dankesehr!

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  7. am tag nachdem du diesen eintrag geschrieben hast war ich in münchen und hab sie live gesehen, du beschreibst es einfach perfekt!!

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